10.10.2025

Befund und Befinden unserer Tiere

Wenn wir Tiere begleiten, beobachten wir sie jeden Tag, ob im Spiel, beim Fressen, beim Schlafen etc. Wir spüren Veränderungen, bevor sie messbar werden. In der Praxis begegnen uns Begriffe wie Befund und Befinden, die klar unterscheiden, was wir sehen und messen und was wir fühlen und wahrnehmen.

Dieser Unterschied ist zentral, um Tiere wirklich ganzheitlich zu verstehen. Während der Befund medizinische Faktoren liefert, zeigt uns das Befinden, wie das Tier diese Situation erlebt. Nur wer beides berücksichtigt, kann Gesundheit und Lebensqualität gleichzeitig im Blick behalten.

Befund und Befinden, zwei Blickwinkel auf das Wohl unserer Tiere

Die beiden Begriffe ‘Befund und Befinden’ sind eng miteinander verwoben und werden oft unterschiedlich verstanden. Dies sehe ich oft in der Praxis, wenn ich Tiere begleite.

Beides beschreibt ein Zustand eines Tieres aber aus verschiedenen Perspektiven. Wer Tiere ganzheitlich betrachtet, lernt, dass beide Seiten zusammengehören.

Der Befund – was wir messen können

Ein Befund ist das, was sich objektiv erfassen lässt. Er entsteht durch Untersuchungen, Laboranalysen und klinischen Beobachtungen und liefert Werte, Zahlen und Fakten wie z.B. Blutparameter, Organfunktionen oder Veränderungen im Bewegungsapparat.

Befunde sind unverzichtbar, denn sie zeigen, was im Körper gerade passiert. Sie helfen, Prozesse zu verstehen, Krankheiten einzuordnen und Behandlungswege zu planen. Doch ein Befund allein erzählt nicht die ganze Geschichte. Er sagt wenig darüber, wie das Tier diese Situation erlebt, ob es sich wohlfühlt oder leidet, ob es sich trotz Einschränkungen lebendig fühlt oder still zurückzieht.

Das Befinden – was das Tier uns zeigt

Das Befinden ist die fühlbare Seite. Es beschreibt, wie sich das Tier in seiner momentanen Situation zeigt und ausdrückt. Hier geht es um Vitalität, Stimmung, Appetit, Bewegungsfreude, Körperspannung und die Art, wie das Tier mit seiner Umgebung in Kontakt tritt.

Das Befinden können wir nicht messen, wir müssen es wahrnehmen.

Dazu gehört genaues Beobachten, Zuhören und ein Gespür für feine Veränderungen.

Oft sind es die kleinen Dinge, die uns aufmerksam machen. Das Tier, das plötzlich länger liegen bleibt, anders frisst, sich weniger bewegt oder den Blickkontakt meidet. Diese Veränderungen erzählen uns viel, manchmal mehr als jeder Laborwert.

Das Zusammenspiel von Befund und Befinden

Nur wer Befund und Befinden berücksichtigt, bekommt ein vollständiges Bild. Der Befund beschreibt den körperlichen Zustand, das Befinden zeigt, wie das Tier mit diesem Zustand umgeht.

Als Beispiel will ich eine ältere Katze nehmen mit leicht erhöhten Nierenwerten. Der Befund weist auf eine beginnende Schwäche hin. Doch die Katze frisst gut, sucht Nähe, putzt sich regelmässig und zeigt Interesse an ihrer Umgebung. Ihr Befinden ist stabil, sie lebt noch Mitten im Leben.

Hier besteht die Aufgabe darin, dieses gute Befinden zu erhalten und die körperliche Funktion bestmöglich zu unterstützen.

Ein anderes Beispiel eines Hundes, dessen Laborwerte völlig unauffällig sind, er wirkt antriebslos, zieht sich zurück, reagiert gereizt. Der Befund gibt keinen Hinweis auf eine Erkrankung, aber das Befinden zeigt deutlich, dass etwas aus dem Gleichgewicht geraten ist körperlich, seelisch oder in seinem Umfeld.

Solche Beobachtungen führen oft zu wertvollen Hinweisen, die über das rein Medizinische hinausgehen.

Warum das Befinden der Schlüssel ist

Das Befinden ist der Ausdruck des inneren Gleichgewichts eines Tieres. Es zeigt, wie gut es seine Ressourcen nutzen kann, ob es sich sicher, geborgen und im Fluss fühlt. Gerade in der naturheilkundlichen Arbeit spielt das Befinden eine zentrale Rolle, hier wird nicht nur nach Symptomen gesucht, sondern nach Lebenskraft, nach dem, was das Tier trägt, bewegt und heilt.

Wenn ein Tier nach einer Behandlung wieder neugierig ist, besser frisst oder entspannter schläft, dann ist das ein wichtiges Zeichen. Vielleicht sind die Laborwerte noch unverändert, doch das Leben ist zurückgekehrt. Solche Momente zeigen, dass Heilung nicht nur in Zahlen, sondern im Ausdruck des Lebendigen sichtbar wird.

Das Zusammenspiel von Befund und Befinden ist wie ein Kompass für die tierische Begleitung: Der Befund gibt die Richtung vor, das Befinden zeigt das Tempo. Wer beides ernst nimmt, erkennt nicht nur Krankheiten früh, sondern versteht auch, wie das Tier im Hier und Jetzt lebt. Für uns als Tiertheilpraktiker:innen und Tierhalter:innen bedeutet das: beobachten, wahrnehmen, verstehen und dabei stets das Wohl des Tieres in den Mittelpunkt stellen. So entsteht eine Begleitung, die fundiert, verantwortungsvoll und zugleich empathisch ist, eine Verbindung von Wissenschaft und Herz, die Tiere spüren und von der sie profitieren.